Thermografie im Sommer: So werden Schwachstellen für den Winter sichtbar!

0

Kann man die Thermografie im Sommer eigentlich durchführen? Die wenigsten Hausherren können eine komplette energetische Sanierung ihres Hauses auf einmal stemmen. Umso wichtiger ist es, die für den Energieverlust maßgeblichen Wärmebrücken zu entlarven. 

Die Thermografie im Sommer beherrscht nicht jeder Energieberater

Die Erstellung eines Energiegutachtens ist vor der energetischen Sanierung eines Gebäudes dringend zu empfehlen. Trotz Förderprogrammen von Bund und Ländern sind die Kosten für die Hauseigentümer doch erheblich und können nur in den seltensten Fällen komplett gestemmt werden. Deswegen konzentrieren sich die meisten Sanierungsmaßnahmen sinnvollerweise auf die wichtigsten Aspekte, die aber bei jedem Haus anders gewichtet sein können:

Bei einem Haus entweicht der Großteil der Wärme über das Dach,
bei einem anderen vielleicht über undichte Fenster oder schadhaftes Mauerwerk.

Um herauszufinden, wo der Schuh drückt, setzen Energieberater schon lange auf das Mittel der Gebäudethermografie.

Thermografie im Sommer: Eine Wärmebildkamera, die über das Infrarotspektrum arbeitet, macht Temperaturunterschiede sichtbar. (#01)

Thermografie im Sommer: Eine Wärmebildkamera, die über das Infrarotspektrum arbeitet, macht Temperaturunterschiede sichtbar. (#01)

Eine Wärmebildkamera, die über das Infrarotspektrum arbeitet, macht Temperaturunterschiede sichtbar. Auf diese Weise lassen sich die Wärmebrücken in einem Haus bestens darstellen. Noch vor wenigen Jahren galt eine Thermografie im Sommer als undurchführbar, weil die Temperaturunterschiede für aussagekräftige Ergebnisse zwischen Haus und Umgebung möglichst groß sein sollten. Allerdings gilt dieser Ausschluss für versierte Thermografen längst nicht mehr, auch wenn mancher Energieberater noch immer davon abrät. Tatsächlich hat das Fraunhofer-Institut in Freiburg bereits 1999 für das Bundesbauministerium eine Studie durchgeführt, die zum Ergebnis kam, dass eine Visualisierung von Strukturen durch Thermografie im Sommer bei Befolgen des Leitfadens des Instituts durchaus sinnvoll und möglich sei.

Es gibt sogar Anwendungen, bei denen die Gebäudethermografie nur im Sommer Sinn macht, etwa bei der Einschätzung der Effizienz von Klimaanlagen, die mit zunehmenden Temperaturen in Mitteleuropa mittlerweile immer häufiger eingebaut werden. Da diese relativ viel Energie verbrauchen, ist es für den effizienten Betrieb der Klimaanlage ebenso sinnvoll, eine Analyse per Wärmebild anzufertigen, wie für das Aufspüren von Wärmeverlusten der Heizung in der Winterzeit. Doch selbst Letzteres ist im Sommer nicht unmöglich, solange ein erfahrener Techniker die Thermografie vornimmt.

Allerdings ist es richtig, dass die Heizungs-Thermografien in der Regel während des Winters besser funktionieren und während der warmen Jahreszeit vor allem von innen angefertigt werden. Manche Dinge wie die Auskühlgeschwindigkeit oder das Aufspüren von Zonen starker Überhitzung lassen sich je nach Temperaturunterschied durch eine Thermografie im Sommer sogar besser darstellen. Viele Städte und Gemeinden unterstützen die Maßnahmen zur Gebäudethermografie aktiv und geben hierzu regelmäßig Informationen und Hilfestellung.

Für die schrittweise Erhöhung der Energieeffizienz ist die Thermografie unverzichtbar

Thermografie im Sommer: Es gibt bestimmte Maßnahmen wie das Dämmen von Heizungsrohren, die grundsätzlich Sinn machen. (#02)

Thermografie im Sommer: Es gibt bestimmte Maßnahmen wie das Dämmen von Heizungsrohren, die grundsätzlich Sinn machen. (#02)

Ob im Sommer oder Winter: Ohne Thermografie kann kein Energieberater genau sagen, wo man bei der Erhöhung der Energieeffizienz am besten anfängt. Es gibt zwar bestimmte Maßnahmen wie das Dämmen von Heizungsrohren, die grundsätzlich Sinn machen, aber wenn es um besonders teure Maßnahmen wie den Austausch von Fenstern oder der Dachdämmung geht, sollten die Prioritäten nach Dringlichkeit gesetzt werden.

Es hilft wenig, einen neuen Heizkessel zu verbauen, wenn Fenster und Dach ständig Wärme verlieren. Die Statistik der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die einen Großteil der energetischen Sanierungen durch Fördermittel unterstützt, hat ein Ranking der fünf beliebtesten Sanierungsmaßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden erstellt:

  1. Heizkesseltausch
  2. Neue Fenster
  3. Dachdämmung
  4. Fassadendämmung
  5. Heizungsoptimierung

Doch die Beliebtheit spiegelt nicht zwangsläufig die Notwendigkeiten wider. Verzichtet man auf eine Thermografie, fängt man eventuell mit der falschen Maßnahme zum verkehrten Zeitpunkt an. Besser ist es daher, auf jeden Fall einen erfahrenen Energieberater zu Rate zu ziehen und seinen Empfehlungen unter Einbeziehung der Gebäudethermografie zu folgen.

Warum die Thermografie im Sommer auch finanzielle Vorteile bringen kann

Über die technischen Voraussetzungen der Thermografie im Sommer wird viel geschrieben. Doch über die finanziellen Aspekte einer Sommerthermografie von Gebäuden wird hingegen weniger geschrieben. Tatsächlich kann es aber Sinn machen, mit der Anfertigung der Wärmebilder nicht unnötig lange zu warten, bis es wieder Winter geworden ist, da man bis dahin weiter wertvolle Energie an die Umgebung verpulvert, ohne etwas dagegen tun zu können.

Fördert die Thermografie während der Winterzeit dann Ergebnisse wie einen unerwarteten Wärmeverlust zu Tage, können diese häufig nicht sofort umgesetzt werden, da Baumaßnahmen wie die Dämmung von Dächern und Oberflächen der Außenwände oder der Austausch von Fenstern in der Regel in der Sommerzeit durchgeführt werden sollten, wenn es wärmer und vor allem trockener ist. Auch die Fassadendämmung ist technisch zwar im Winter möglich, doch zur Vermeidung von Schimmelbildung und anderen Problemen ist eine Sommerbaustelle immer besser. Wer also die Thermografie im Sommer durchführen lässt, kann sofort tätig werden und hat bestenfalls bereits zur nächsten Heizperiode alle wichtigen Arbeiten erledigen können, die eine erhebliche Reduktion von Energiekosten bedeuten.

Thermografie im Sommer: Die Fassadendämmung ist technisch zwar im Winter möglich, doch zur Vermeidung von Schimmelbildung und anderen Problemen ist eine Sommerbaustelle immer besser. (#03)

Thermografie im Sommer: Die Fassadendämmung ist technisch zwar im Winter möglich, doch zur Vermeidung von Schimmelbildung und anderen Problemen ist eine Sommerbaustelle immer besser. (#03)

Auch Leckagen können bei der Thermografie im Sommer gefunden werden

Nicht immer geht es bei der Thermografie im Sommer nur um das Aufspüren von Wärmebrücken. Oft sind alte Leitungen nicht zu 100 Prozent dicht und verlieren unmerklich, aber stetig Wasser. Das ist nicht nur eine Verschwendung wertvoller Ressourcen (bei Warmwasser noch mehr als bei Kaltwasser), sondern schädigt auch die Bausubstanz auf Dauer. Häufig sind unentdeckte Leckagen der Anlass für große Bauschäden, die nur noch mit großem Aufwand zu beheben sind, wenn erst einmal Zeit ins Land gegangen ist. Aus diesem Grunde sollte bei einem entsprechenden Verdacht die Thermografie auch im Sommer durchgeführt werden, um rechtzeitig handeln zu können. Zudem haben Wärmebilder den Vorteil, dass die Schäden und Beeinträchtigungen zunächst zerstörungsfrei aufgespürt werden können und niemand haufenweise Putz von den Wänden der verschiedenen Bereiche klopfen muss, um eine kleine Leckage zu finden.

Um eine Thermografie im Sommer durchführen zu können, ist aber zugegebenermaßen oft ein erhöhter Aufwand erforderlich. Man spricht normalerweise von der passiven Gebäudethermografie, wenn einfach die vorhandenen Wärmeverluste als Kontrast zur winterlichen Umgebungstemperatur sichtbar gemacht werden. Da im Sommer die Außen- und Innentemperaturen normalerweise sehr viel dichter zusammenliegen, lassen sich Temperaturunterschiede nicht so gut darstellen. Das ist der Moment, wo die aktive Thermografie im Sommer zum Einsatz kommt. Mittels Heizlüfter oder unter Ausnutzung direkter Sonneneinstrahlung werden Aufheiz- und Abkühlungsphasen in Form von dabei entstehenden Wärmeströmungen sichtbar gemacht. Insbesondere bei tieferliegenden unterschiedlichen Baumaterialien der Außenwände, die von außen nicht sichtbar sind, kann der Wärmestrom sich sehr differenziert verhalten. Ein Wärmeverlust oder eine Durchfeuchtung von Wänden lassen sich so durch die Thermografie im Sommer sehr gut darstellen. Häufig unentdeckt bleiben ohne Wärmebilder übrigens oft Mängel in der Dachkonstruktion.

Selbst wenn die Bereiche der Dachkonstruktion gedämmt wurden, können eine mangelhafte Ausführung oder andere Faktoren die Dämmschichten beschädigen und für Wärmeverluste und/oder Feuchtigkeitseinbrüche sorgen, die sich nicht ohne Weiteres an den Oberflächen zeigen. Der Bundesverband für angewandte Thermografie e.V. (VATH) hat für seine Mitglieder diverse Richtlinien für die professionelle und korrekte Anwendung der Thermografie im Sommer und Winter ausgegeben. Wer einen Thermografen beauftragt, sollte sich zuvor vergewissern, dass auch nach diesen und vergleichbaren Vorgaben gearbeitet wird, um verwertbare Ergebnisse zu erhalten. Abzuraten ist vom Selbermachen, denn einfach mit einer geliehenen Wärmebildkamera als Laie ums Haus zu laufen, ist wenig zielführend.

Thermografie per Drohne: Video der Verbraucherzentrale NRW

Fazit: Die Thermografie im Sommer ist durchaus machbar und bisweilen sogar besser

Wer die Energieeffizienz seines Hauses verbessern will, sollte auf jeden Fall Wärmebilder durch einen erfahrenen Thermografen anfertigen lassen. Nur dann ist gewährleistet, dass man das Geld an der richtigen Stelle investiert. War die Thermografie im Sommer früher ein Ding der Unmöglichkeit, lassen neue Leitlinien von Experten sowie die verbesserte Technologie auch die Sommerthermografie zu. Sie kann sogar besonders sinnvoll sein, wenn die Zeitplanung für die Durchführung umfangreicher Baumaßnahmen ansonsten ins Folgejahr geschoben werden muss, weil im Winter nicht sofort gehandelt werden kann.

Nicht zuletzt bietet die Thermografie im Sommer Vorteile bei der Ermittlung von Leckagen oder der Beurteilung von Kälteverlusten beim Einsatz von Klimaanlagen, die neben der Heizung ein immer wichtigerer Posten bei den Energiekosten werden. Übrigens lassen sich auch Probleme mit Solarzellen oder Anlagen zur Solarthermie mit einer Gebäudethermografie sehr gut aufspüren, ohne langwierige Diagnosen anderer Art durchführen zu müssen.


Bildnachweis © Shutterstock Titelbild: Ivan Smuk- #01: Ivan Smuk – #02: Valery Lisin – #03: ronstick

Kommentare sind nicht möglich.